Poetische Fundstücke

 

Ein Gedicht auf das Buch 'De imitatione Christi', verfasst von Ernst Moritz Arndt (1769-1860) im Jahr 1830

 

An Henriette von Willich, als ich ihr den Thomas a Kempis »Von der Nachahmung Christi« überreichte


Viel ist gered't, gelesen und geschrieben,
Seit dieses Büchlein in die Welt gegangen,
Das Mal und Siegel von dem Geist empfangen,
Der Liebe sandte, daß sie lehrte lieben.

Wie vieles ist gewesen und vergangen,
Dies Büchlein hat vier Säkeln überdauert,
Und in dem Lande, wo's den Seelen schauert,
Lehrt's heute noch das ew'ge Heil erlangen.

Geliebtes Kind, kannst du einfältig fragen,
Einfältig wirst du darin Antwort finden:
Wie Liebe alles lösen kann und binden,
Weiß einzig sie das Höchste auszusagen.

 

 

 

Aus:
Gedichte von E.M. Arndt. Der neuen Ausgabe zweite, vermehrte Auflage. Leipzig 1843, S. 458.
(Henriette von Willich war die Frau des Philosophen Friedrich Schleiermacher, mit dessen Schwester Anna Maria wiederum der Schriftsteller, Freiheitskämpfer, Geschichtsprofessor und Abgeordnete der Frankfurter Nationalversammlung Arndt in zweiter Ehe verheiratet war).


 

 

 

 

Ein romantisches Gedicht auf das Buch 'De Imitatione Christi', veröffentlicht vom Dichter "Rostorf" im Jahre 1807

 

Thomas a Kempis, de Im. Chr.

 

O Büchlein, du, so wundersüß,

Von wunderhoher Güte,

Bist aus des himmels Paradies;

Einer ew'gen Blume Blüte;

Du bist aus unsers Herren Schrein,

ein hellfunkelnder, kostbarer Edelstein.

 

Auf steigst du wie ein mächt'ger Baum,

Mit klaren, güldnen Zweigen,

Umzogen mit einer Glorie Saum,

Stehst du als ein ewiges Zeichen;

Dein Wort ein göttlicher Liebespfeil,

Ist bedrängten Seelen ein Trost und Heil.

 

Du bist eine Flamme hoch und hell,

Von himmlischer Liebe entzündet,

Du brennst als eines ew'gen Feuers Quell,

Deß' Tiefe Niemand ergründet;

Du schmilzest mit deiner Gluten Schein

Die Herzen, wie fließend Metall, so rein.

 

Du bist das Bächlein Silberflut,

Entsprungen in blauen Reichen;

Dein Wasser ist so süß und gut,

Ein Labetrunk ohne Gleichen;

Wer diesen genießt mit gier'gem Mund,

Den dürstet nimmer, er wird gesund.

 

Du bist der Thau, der bald erquikt,

Die müden und kranken Herzen,

Durch dich werden hinweggerückt

Die Leibes- und Seelenschmerzen;

Wer sich fühlt matt, arm, elend, krank,

geneset von diesem erquikkenden Trank.

 

Du hälst die ächte Signatur

In deinem Schoße verborgen,

So man findet die sichre Spur

Zu dem ewigen, lichten Morgen!

Du zeigst uns strahlend für und für

Des ew’gen Lebens güldne Thür.

 

Du bist der ächte wahre Magnet,

Die Nadel vom göttlichen Stahle,

Deine Richtung nach dem himmlischen Norden steht

Zu dem ewigen Friedensmahle!

Ist unser Schifflein in Gefahr

Zeigst du nach Golgatha immerdar!

 

Aus:

Dichter-Garten. Erster Gang: Violen. Hrsg. von Rostorf. Würzburg 1807, S. 107-109.
(Rostorf ist das Pseudonym für Karl von Hardenberg [1776-1813], jüngerer Bruder von Friedrich von Hardenberg = Novalis).

 

Thomas Kempensi Carmen.

 

Grandia grandiloquis calamo tractanda relinquish,

Et tibi cum fructu dicere pauca satis.

Auribus hi tenero supplantant verba palato,

Tu sensus animae, ac interiora petis.

Solus inaccessi pandis penetralia cocrdis,

Dumque foras illi, pectora tutus adis.

Nempe Deum loqueris paruum, paruoque libello,

Sed quot verba tenet, tot pia sense docet.

Quisque suum vocat: haud tanti furem hactenus vllum,

Tamque requisiti velleris esse pudet.

Dum prodes cunctis, fama tu nominis obstas,

Prole potitus homo, te negat esse patrem.

Restituit Navdaevs opus, prolemque parenti:

Et Marinellvs sedulus addit opem.

Hos, Kempensis, habe reparatae culmina fama,

Es perte:  per eos, diceris esse quod es.

 

 

Ein Gedicht von Jean Fronteau auf Thomas von Kempen, aus der 1649 in Paris bei Cramoisy erschienen Ausgabe Thomae a Kempis Canonici Regvlaris Ordinis S.Avgvstini De Imitatione Christi Libri Qvatvor. Ex recensione P. Ioannis Frontonis, Canonici Regularis Stae Genouefae, Ordinis S. Augustini. Cum euictione fraudis qua nonnulli vsi, id operis cuidam Ioanni Gersen ascripsere.

 

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